Adler-Beizjagd bei Wiesbaden

19. Dezember 2015

Vor Ende der Jagdsaison auf Hasen trafen sich einige Falkner des ODF Hessens zur Adlerbeizjagd. Bei wunderschönem und trockenem, ca. 14 Grad warmen Wetter streiften wir mit 2 Steinadlern (Weib und Terzel) durch das Niederwildreiche Revier von Dr. Rudolf Hettmer bei Wiesbaden. 

 

Dir, lieber Rudolf auch an dieser Stelle, das schon so oft ausgesprochene „DANKESCHÖN“ für die Möglichkeiten, in Deinem Revier unserer Passion nachzugehen. Auch dieses Mal hätte es nicht besser laufen können. Wohl dem Falkner, der so einen Jagdpächter auf seiner Seite hat. Da wir schon öfter in den vergangenen Jahren bei Rudolf gebeizt haben, vermute ich mal, dass wir ihn mit unserer Leidenschaft, der Falknerei, angesteckt haben. So hat er in 2014 ebenfalls seine staatliche Falknerprüfung abgelegt.

 

Doch nun der Reihe nach. Geplant war, dass wir heute mit 4 Adler beizen wollten. Revierführer sollte Angelo Cammilleri (DFO) machen, der aus Erfahrung am besten wusste, wo die Hasen im Revier liegen. Und er sollte recht behalten, doch dazu später.

 

Leider sagte der erste Adlerjäger kurz vorher ab, wegen der momentanen Hochsaison im Weihnachtsgeschäft konnte er sich doch nicht freinehmen. Und zum größten Unglück prallte Angelos eigener Beizadler eine Woche vorher bei einem Jagdflug seitlich in ein Auto. Angelo fuhr natürlich sofort mit dem Adler in die Veterinärmedizinische Klinik nach Gießen, wo Prellungen am Körper und ein Riesenhämatom am Kopf des Adlers fest gestellt wurden. Froh, dass er überhaupt überlebt hat, bekommt der Adler nun erst mal ein paar Wochen Ruhe. So entschlossen Tina und ich, noch unsere beiden Harris-Hawks mitzunehmen, um eventuell auf Kaninchen zu beizen, falls noch Zeit dazu sein sollte.

 

Den Abend vorher reiste unser ODF Hessen Mitglied André Hörning, Inhaber des Falkner-Shops (www.falconbreeding.eu) aus Thüringen mit seinem Steinadler-Weib bei mir an. André übernachtete in meinem im ortsansässigen „Heuhotel“, was aus einem alten Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert besteht (www.erlebnishof-weyer.de). André bekam das „Schneewittchen“-Zimmer - mehr wie 2 Wohneinheiten gibt es dort übrigens nicht. Er hätte auch in der Scheune auf dem Dachboden im Heu übernachten können, was von Familien und/oder Kindern gerne genutzt wird. In seinem Zimmer, was liebevoll eingerichtet ist, mit Spinnrad und weiteren märchenhaften Einrichtungsgegenständen, verbrachte er eine traumhafte Nacht. Die hofeigenen Tiere in der Scheune oder den Stallungen, wie Schafe, Ziegen, Hühner, Enten, Gänse, Wachteln und Haus- und Hofkatze „Ronja“, ließen ihn ruhig schlafen. Nur die Zimmertür muss man zu lassen, sonst kann es sein, dass sie morgens zusammen mit einem im Bett liegt. Zum Frühstück kann man sich übrigens hauseigene Hühner- und Wachteleier schmecken lassen. Andrés Adler war sicher bei mir zu Hause in einer eigens freigemachten Voliere untergebracht. Dies wäre auch beim Heuhotel, auf dem Hof, in der Scheune oder dem Garten gegangen, aber wegen der dort teils freilaufenden Tiere sicher nicht so ratsam gewesen.

 

Morgens fuhren Tina, André und ich gemeinsam nach Wiesbaden ins Revier und trafen dort noch auf Frank Schaumann und seinen jungen Steinadler-Terzel. Frank war in Begleitung seines Sohnes Marc, aus den Reihen des ODF Hessens kamen die noch unten aufgeführten Falknerinnen und Falkner. Frank selbst kommt aus der Nähe von Siegen und ist Mitglied im ODF Landesverband NRW, im Orden Deutscher Falkoniere ist er der „Obmann für praktische Falknerei“.

 

Nach einer kurzen Begrüßung und Lagebesprechung ging es auch schon los. Angelo übernahm die Führung und wir gingen in einer Streife über den ersten Acker. Nach kaum 200 m ging eine erste Kette Rebhühner vor uns hoch und nach ca. weiteren 300 m die nächste. In vielen Revieren heute nicht mehr zu finden, oder eine Seltenheit. Nicht so im Revier von Rudolf, nach eigener Aussage hat er zirka 8 Ketten, vier davon haben wir im Verlauf des Tages auch noch erleben können.

 

Und Rudolf tut auch was dafür, in dem er die Prädatoren intensiv bejagt, so wie auch und selbst am heutigen Tag! Unsere Freude wegen dem Anblick der Rebhühner in lebhafte Gespräche vertiefend, bemerkten wir erst gar nicht den Hasen, der nun auch noch aus seiner Sasse herausschnellte. Zuerst reagierte Frank, mit dem Ruf „Adler frei!“, ließ er ihn von der Faust und mit kraftvollen Schwinggenschlägen jagte er den Hasen an. Und nach ca. 100 m schlug der Adler tatsächlich seine starken Fänge in den Hasen, dieser wand sich unter ihm, um sich zu befreien, er ließ ihn aber nicht mehr los.

 

Überglücklich lief Frank zu seinem Adler und fing den Hasen ab. Was für ein Auftakt! Wir anderen waren stehengeblieben und gingen nun zu Frank, um unser ehrliches „Falknersheil“ auszusprechen. Und was soll ich sagen, dabei machten wir ungewollt den nächsten Hasen hoch. Dieser hoppelte dann ganz lässig und natürlich unbejagt über den Acker davon, so als wüsste er, dass er im Moment nichts zu befürchten hatte. Frank wollte den jungen Adler natürlich sofort auf seinem Hasen aufatzen lassen. Angesichts der Tatsache, dass wir ja erst seit ca. 10 Minuten unterwegs waren, entschloss er sich aber nun doch, den Adler nach einigen Bissen von dem Hasen aufzunehmen und zu verhauben. Was er bis jetzt nach einem Beizerfolg des Adlers noch nicht gemacht hatte. Dieser bekam dann immer sofort einen vollen Kropf auf seiner Beute, um so die positive Belohnung für diesen zu verstärken.

 

Nun sollte André mit seinem Adler-Weib an der Reihe sein. André meinte aber, dass der Adler nicht jagdbereit sei. Dazu muss man jetzt aber für einen Laien etwas ausholen, um das zu erklären. Im heimischen Revier jagt André mit dem Adler in für diesem vertrautem Gelände alleine oder höchstens mit 2 Personen. Hier waren heute aber ca. 15 Personen um den Adler herum, was für diesen völlig neu war. Auch so was muss er erst mal lernen und sich daran gewöhnen. Dann die über 300 km lange Anfahrt den Abend vorher, die Übernachtung in einer fremden Voliere und Umgebung, ein anderer fremder Adler auch noch heute dabei und in Sichtweite. Der Hubschrauber der Bundespolizei, der uns im Gelände filmte und dabei dicht über uns mit seinen lärmenden Rotoren stand, machte es für den Adler auch nicht besser. Weil wir in der Nähe der Air-Base der Amerikaner beizten, kam er pünktlich, wie von Angelo vorhergesagt, ebenfalls nach wenigen Minuten angeflogen. Trotz vorheriger Ankündigung bei der Polizei, dass heute hier eine Beizjagd ist, musste Dr. Hettmer auch den Streifenwagenbesatzungen, die ständig ihre Routinekontrollfahrten durchführten nochmal erklären, was wir hier vor hatten.

 

Ein so dermaßen „abgesichertes Beizgelände“ hatte ich bis jetzt auch noch nicht gehabt. Viele neue Eindrücke, die so ein Adler, wenn er es nicht kennt, erst mal verarbeiten muss. Und das Risiko, dass er sich aufnimmt und über den Zaun auf das militärische Gelände fliegt, war ja auch noch gegeben. So entschloss sich André, es lieber nochmal nachmittags zu versuchen.

 

Ich kann es vorwegnehmen, auch nach der Mittagspause war der Adler nicht bereit und zeigte dies auch durch sein Verhalten. Und jetzt kommt das, was einen „guten Falkner“ ausmacht. Nicht das „komm, ich versuche es jetzt, wird schon gutgehen“. Nein, eben die Zurückhaltung, den Vogel jetzt gerade NICHT fliegen zu lassen, zeichnet den wahren Falkner aus. Trotz der Strapazen der weiten Anreise, der Übernachtung und vieler anderen Dinge, die im Vorfeld geregelt werden müssen. Das Wohlergehen und die Sicherheit seines ihm anvertrauten Beizvogels, seinem Jagdkumpan, gehen vor. Lieber André, davor ziehe ich meinen „Falknerhut“.

 

So hatte Frank dann natürlich noch ein paar Flüge mehr, die Hasen tricksten den Adler aber regelrecht gekonnt aus, was wir bewundernd kommentierten. So beschlossen wir erst mal eine Mittagsrast einzulegen, einen Imbiss und Getränke zu uns zu nehmen und die ersten Erlebnisse lebhaft zu diskutieren. Danach ging es weiter und Angelo entdeckte mit seinen darauf bestens geschulten Augen immer wieder Hasen, die völlig regungslos und still an den Boden gepresst, windgeschützt in ihrer Sasse eingebuddelt lagen. Ohne ihn hätten wir einige gar nicht entdeckt, selbst sein „Berthold, stop!“ zeigte mir keine 2 Meter neben mir einen liegenden Hasen an, den ich sonst überlaufen hätte.

 

Leider kam Franks Adler „Hektor“ nicht mehr zum Erfolg. Der Hase, der bis heute überlebt hat, weiß wie so etwas geht und zeigt als „Alter Hase“ einem jungen Adler, dass es nicht so einfach ist, sich von ihm fangen zu lassen. Mit seitlichen Sprüngen kurz vorm Zugreifen ließen sie den Adler ins Leere fliegen und oftmals, wenn wir dachten, jetzt packt er ihn, war es wieder nichts. So entschloss sich Frank, die Jagd abzubrechen und den Adler aufzuatzen. Er wollte ihn nicht sauer fliegen, wie wir das nennen, wenn er keinen Jagderfolg hat.

 

Schade, dass wir bei diesem guten Wildbestand nicht 1-2 Adler mehr dabei hatten, um die Chancen für diese zu nutzen. Aber so soll es sein, die Besten überleben und werden ihre Gene an die nächste Generation weitergeben.

 

Da es schon Nachmittag war, traten Einige von uns nun auch den Heimweg an. Vor allem André hatte ja noch eine lange Heimreise vor sich und kam ohne Stau zügig nach Hause, wie er mir in einem Telefonat abends noch mal dankend für den heutigen Tag mitteilte. Vor der Abfahrt entnahmen Luisa Ziegler und Dominik Fischer noch eine Tupferprobe aus der Kloake des Steinadlers, um in der Veterinärmedizinischen Klinik Gießen eine Routineuntersuchung und Gesundheitscheck durchzuführen. Erstaunlich, was „unsere“ beiden Tierärzte immer so alles auf einer Beizjagd mit sich führen. Das ganze Programm an Verbandsmaterial, Desinfektionsmitteln und so weiter war dabei, um unseren Schützlingen im Notfall sofort Erste Hilfe leisten zu können. Wohl den Falknern, die solche Experten zu ihren Freunden zählen können.

 

Tina und ich nutzten die Möglichkeit, in einem anderen Revierteil noch auf Kaninchen mit unseren Harris zu beizen, Margarete begleitete uns als Frettchenführerin. Markus Stifter von der Firma www.stifter-press.de machte hiervon Filmaufnahmen, er lief den ganzen Tag schon mit seiner Kamera und ca. 5 kg Erdklumpen an seinen Stiefeln über die Äcker und filmte die Jagdszenen mit dem Adler für ein späteres Filmprojekt.

 

Nun, Tina konnte noch 3 Kaninchen beizen und wir fuhren dann zu Frank zurück. Die Sonne ging gerade unter, einige Gänse (ebenfalls hier reichlich vorhanden) flogen schon malerisch in Formation zu ihren Schlafplätzen, legten wir noch schnell eine kleine Strecke. Ich hatte vorher schon André und Angelo verabschiedet und mich für ihr Kommen bedankt, nun wiederholte ich das gleiche bei Frank und Marc Schaumann und für die Jagdgelegenheit bei „unserem“ Jagdpächter Dr. Rudolf Hettmer.

 

Als Dankeschön für Rudolf, Frank und André gab es von dem Jagdmaler Dieter Schiele eine Originalradierung „Harris-Hawk jagt Kanin“. Von Dieter, der als Falkner ebenfalls Mitglied im ODF Hessen ist, für solche Gelegenheiten eigens gestaltet und gestiftet. Und unser aller Falknersdank an die, die heute dabei waren, der kommt von Herzen.

 

Berthold Geis

Komtur ODF Hessen

 

sowie

- Tina Neumann

- Luisa Ziegler

- Margarete Heidler

- Angelo Cammilleri

- Markus Stifter (www.stifter-press.de)

- André Hörning (www.falconbreeding.eu)

- Frank und Marc Schaumann

- Dominik Fischer

und wie immer im ODF Hessen, einige interessierte Gäste