Die Beizjagd (von mhd. beizen ,beißen machen‘, ,beißen lassen‘) entstand vermutlich vor etwa 3.500 Jahren in Zentralasien. Sie war für die deckungslose Steppe eine zweckmäßige Jagdform.
Ob antike Ägypter die Beizjagd ausübten, ist unklar. In Abydos wurde eine Grabstätte mit einbalsamierten Falken entdeckt. Die Falken-Mumien sind in Leinen eingewickelt und haben in großen, ovalen Tonsarkophagen gelegen, einige von ihnen mit goldverzierten Masken. Auch sind intakte Falkeneier gefunden worden. Die oberste Gottheit war in Ägypten Horus, der Falke. Ein Assyrisches Relief in den Ruinen von Khorsabad aus dem Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. zeigt möglicherweise die Falknerei. Es bildet einen Bogenschützen ab, der einen Greifvogel schießt und einen Helfer, der ihn fängt.
Im 4. Jahrhundert v. Chr. erwähnte Aristoteles (384-322) dann die Falknerei bei den Thrakern und Indern.
Um 79 n. Chr. beschreibt Plinius in seiner Naturalis historia die Beizjagd bei den Thrakern während Griechen und Römer diese offenbar noch nicht ausübten. Sie fingen noch Vögel mit Wurfhölzern, Schlagnetzen oder Leimruten. Die Germanen wurden mit der Beizjagd während der Zeit des 2. bis 4. Jahrhunderts n. Chr. durch Vermittlung der Sarmaten bekannt, im Zuge der östlichen Ausdehnung der Goten. Die Germanen vermittelten ihre Kenntnis den Kelten. Erst der Sohn des römischen Kaisers Avitus, aus dem keltischen Stamm der Arverner soll die Falkenbeize in Rom eingeführt haben. Avitus hatte den König der Westgoten Theoderich I. dazu gebracht, sich gegen die Hunnen zu verbünden, gegen die sie 451 in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern kämpften. Avitus wurde von 455 bis 456 weströmischer Kaiser.506 wurde die Beizjagd auf der Synode zu Agde in Gallien verboten.
Die Vandalen brachten sie im Verlauf der Völkerwanderung nach Spanien und machten die Völker der westlichen Mittelmeerküste Nordafrikas damit bekannt. Die Beizjagd erfreute sich bei den germanischen Stämmen bald großer Beliebtheit und ist durch germanische Stammesrechte der Franken in der Lex Salica (507-511) mit Bussbestimmungen für den Diebstahl von Beizvögeln und der Lex Ribuaria (613-625), der Langobarden im Edictum Rothari (643), der Bayern im Lex Baiuvariorum und der Burgunden in der Lex Burgundionum bezeugt.
Die Beizjagd wurde in einem Gebiet, das von der heutigen Türkei bis nach China reicht, intensiv gepflegt. Marco Polo, der sich im 13. Jahrhundert mutmaßlich am Hof des Kublai Khan aufhielt, berichtete, dass dieser mit 10.000 Falknern aufbrach, um in den Ebenen seines Reiches auf Wolf, Fuchs und Hase zu jagen[8]. Wenn diese Zahl auch wahrscheinlich übertrieben ist, so dürfte dem Hofstaat des Mongolenherrschers tatsächlich eine sehr große Zahl von Falknern angehört haben.
Die Beize mit dem Steinadler (russisch Berkut, Berkutschi = Adlermann) zu Pferde ist eine Jagdart zentralasiatischer Völker. Da die Adlerweibchen größer und stärker sind als die Männchen, werden sie als Beizvögel bevorzugt. Kirgisische und kasachische Falkner bevorzugen Steinadler aus dem Südural, da sie wegen ihrer Größe auch zur Wolfsjagd verwendet werden können.
Der Berkut packt die Wirbelsäule des Wolfes mit einem Fuß. Wenn der Wolf seinen Kopf wendet, um den Vogel zu beißen, greift der Adler mit dem anderen Fuß die Schnauze und kann so den Wolf bewegungsunfähig halten. Der Adler hält ihn so lange nieder, bis der Jäger kommt und das Tier tötet. Der Adler muss dabei sehr geschickt und schnell vorgehen, denn zu langsames oder falsches Greifen kann dazu führen, dass der Wolf den Fuß des Adlers erwischt und den Kampf für sich entscheidet. Jeder Krallenfuß des Adlers kann mit einer gehörigen Kraft zupacken, die es dem Vogel ermöglicht, mit den Krallen durch die Schädeldecke in den Kopf zu greifen.
Die Beliebtheit der Beizjagd scheint in Europa seit karolingischer Zeit stark nachgelassen zu haben, erst im Rahmen neuer östlicher Kontakte infolge der Kreuzzüge erlebte sie im Hochmittelalter eine neue Blütezeit und entwickelte sich dabei zu einem Privileg und Statussymbol des Adels.
Die Techniken wurden durch Erfahrungsaustausch mit arabischen Falknern erheblich verfeinert. Kaiser Friedrich II., der in Sizilien leichten Zugang zum arabischen Fachwissen auf diesem Gebiet besaß, führte zum Beispiel die Falkenhaube ein, die bis dahin in Europa noch unbekannt war. Sein Falkenbuch De arte venandi cum avibus (wörtl. ‚Über die Kunst, mit Vögeln zu jagen‘, veröffentlicht unter Über die Kunst zu beizen) war der erste Traktat dieser Art in der europäischen Literatur. Für Friedrich II. war die Falknerei aufgrund der dafür benötigten Kombination aus Willensstärke und Fürsorge eine ideale Vorübung für die Menschenführung. Der ideale Falkner war für ihn der ideale Herrscher. Seine Erkenntnisse konnte Friedrich II. nicht nur auf arabische Quellen, sondern auch auf jahrelange eigene Beobachtung der in seinem Buch behandelten Tiere stützen.
Konradin von Hohenstaufen (1252-1268) bei der Beizjagd
Friedrich II. (1149-1250) mit einem Jagdfalken (Falkenbuch)
In Europa hatte diese prestigeträchtige Jagdform eine neuerliche Hochphase im Absolutismus. Sie ist kostspielig und erfordert eine große Anzahl an sehr gut geschultem Personal. Ein großes Falknerkorps war also ein Zeichen von Reichtum und Macht.
Im 16. Jahrhundert entwickelte sich die Kunst des Fangens und Abrichtens von Falken auch in Brabant. Valkenswaard lag in der Fluglinie der Wanderfalken und wurde zum wichtigsten Zentrum der Falknerei. Die Valkenswaarder Falkner boten ihre abgerichteten Vögel allen europäischen Fürstenhäusern an.
Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach unterhielt im 18. Jahrhundert auf seinem Landsitz Triesdorf bei Ansbach mit 51 Mitarbeitern eine der größten Falknereien in ganz Europa. Er beauftragte 1756 den Dekan und Rektor der Gunzenhausener Lateinschule Johann Erhard Pacius mit der Übersetzung des Falkenbuchs Friedrichs II. unter dem Titel Von der Kunst zu beizen; dieser führte den „Befehl“ aus, musste sich jedoch für die Fachsprache der Beizjagd mit den flämischen Falknern am Hof austauschen. Nachdem der DFO 1923 die Falknerei in Deutschland wiederbelebte, wurden die Wortlisten Pacius‘ teilweise übernommen. So kamen flämische Ausdrücke in die Fachsprache der modernen deutschen Falknerei.
Durch Landschaftsveränderungen und die Verbreitung der Flinte wurde die Falknerei zunehmend weniger ausgeübt. Im 19. Jahrhundert ging sie erheblich zurück. Seit dieser Zeit wird sie meist nebenberuflich ausgeführt.
Moderner Falkner mit weißem Gerfalke