Beizjagd bei Mainz

30. Dezember 2015

Von Geduld, Schnelligkeit, Geschick und der Kunst, Frettchen zu angeln

 

Mit dieser gemeinschaftlichen Beizjagd am 30. Dezember neigt sich das Jahr 2015 dem Ende zu. Es war die zweite Beizjagd, an der ich bis jetzt teilgenommen habe und ich habe mich auch diesmal über die vielen neuen Einblicke und die Erfahrungen, die ich sammeln konnte, sehr gefreut.

 

Im Revier angekommen, wurden wir vom Jagdpächter begrüßt, der uns den ganzen Tag über begleitete und auch selbst heute mit seiner kleinkalibrigen Büchse und großem Erfolg auf Kanin gejagt hat. Das extra gemulchte und gut überschaubare Gelände bot ideale Bedingungen für eine Beizjagd mit noch unerfahrenen Jägern (Vogel sowie Mensch) und somit waren neben zwei jungen Harris-Hawk-Terzeln auch Familienangehörige anwesend.

 

Die Jagd begann an einem Teil des Reviers, welches sich entlang des Mainufers erstreckte und somit den Kanin statt 4 möglichen Fluchtrichtungen nur noch 3 bot, welches wir zu unserem Vorteil nutzten und dementsprechend das Gelände abstellten.

 

Berthold ermöglichte Margarete und mir zudem eine einzigartige Möglichkeit, der Beizjagdpraxis näherzukommen, indem er uns seine beiden Harris-Hawks „Sally“ und „Sunny“ anvertraute und uns Anweisungen zu deren Handhabung und weiterem Ablauf der Jagd gab.

 

Nun hatten alle ihre Position bezogen und mit dem Einschliefen der Frettchen in den ersten Bau, komme ich auch zum ersten Teil der Überschrift: Geduld. Geduld ist nicht nur ein einfaches Wort, sondern ein wichtiger Bestandteil der erfolgreichen Zusammenarbeit von Falknern und ihren Beizvögeln, Frettierern und ihren Frettchen und nicht allzu selten auch der gesamten Jägerschaft und vorbeilaufenden, neugierigen Passanten (gerne auch mit ebenso neugierigen Hunden). Je nach Größe des Baus kann es unterschiedlich lange dauern, bis das erste Kanin springt, wer hierbei als Falkner keine oder wenig Geduld aufbringt, wird wohl die besten Chancen verpassen und weniger Jagderfolg haben.

 

Aus einem relativ großen Bau sprang nun endlich das erste Kanin und Kerstin setzte ihren „Leo“ leider etwas zu früh darauf an. Dieses verschwand in der nächsten Röhre und „Leo“ auf den nächsten Baum. Da er von seiner erhöhten Position aus den anderen Falknern die Jagdchancen nehmen würde, beschloss Kerstin, ihn nicht von dort aus weiterjagen zu lassen und rief ihn wieder zu sich zurück. Hierbei möchte ich anmerken, dass ich bei allen beteiligten Beizvögeln diesen guten Appell bemerken konnte und möchte den Falknern, die diesen mit viel Training und Können hervorbringen konnten, meinen tiefen Respekt aussprechen und kann dabei nur hoffen, dies in nicht allzu ferner Zukunft auch ebenso gut hinzubekommen.

 

Springt nun ein Kanin, so kommt auch der zweite Teil der Überschrift ins Spiel: Schnelligkeit. Sowohl beim Falkner, als auch beim Beizvogel in Reaktion, Anflug, Wendemanöver und im Schlagen der Beute. Binnen Bruchteilen einer Sekunde kann der Vogel potenzielle und fliehende Beute ausmachen und zum Jagdflug ansetzen. Der Falkner muss versuchen, ebenso schnell zu reagieren und seinen Vogel auch freigeben. Die Schnelligkeit des Kanins ist hierbei keineswegs zu unterschätzen und der Beizvogel muss binnen weniger Sekunden diese Geschwindigkeit sogar etwas übertreffen, um es noch schlagen zu können. Ist dies der Fall, so muss auch der Falkner körperliche Schnelligkeit beweisen, sofern der Beizvogel außer Sichtweite fliegt, oder erfolgreich auf seiner Beute sitzt und zu diesem hinlaufen. Ich glaube, ich habe Berthold noch nie so rennen sehen, als seine beiden Harris-Hawks „Sally“ und „Sunny“ in einem ungewollten, aber dennoch gekonnten und erfolgreichen Kompanieflug gemeinsam ein Kanin geschlagen hatten.

 

Dort angekommen, demonstrierte Berthold auch den dritten wichtigen Teil der Überschrift: Geschick. Mit zwei Beizvögeln auf dem Kanin hatte er doppelte Mühen, dieses abzufangen. Zum Glück überließ „Sunny“ relativ schnell ihrer Kollegin die Beute und ließ sich von Berthold auf dem Handschuh festmachen. Dieser konnte nun, mit ein paar geschickten Stichen mit seinem Jagdmesser, das Kanin ganz im Sinne der Waidgerechtigkeit schnell abfangen. Auch die beiden Harris-Hawks bewiesen ihr Geschick, hatten sie doch beide ihre Fänge am Kopf des Kanins. Wer bei einer solchen Geschwindigkeit und auf ein doch recht kleines Ziel mit einer solchen Präzision im Doppelpack den Kopf trifft, der hatte nun wirklich Geschick.

 

Weitere Flüge, die mir in Erinnerung geblieben sind, waren die von Kerstins jungem Harris-Terzel „Leo“, denn er flog mit einer solchen Entschlossenheit seine vielen Jagdflüge, dass es mir schon leid tat, dass diese am heutigen Tage erfolglos blieben. Auch wenn „Leo“, wie Monikas „Pac-Man“, dieses Jahr seine erste Jagdsaison geflogen ist, hätte ich ihm den Jagderfolg von Herzen gegönnt.

 

Insgesamt kamen bei der Beizjagd 5 Kaninchen zur Strecke.

 

Das Erste (mit Hilfe von Berthold) durch Monika und „Pac-Man“, zwei durch Bernd und seiner „Zoe“ und zwei durch „Sally“ und „Sunny“ von Berthold, geflogen durch Margarete und mich.

 

Wobei ich auf den letzten erfolgreichen Flug von „Sunny“, die von mir geführt wurde, sehr stolz war und es auch jetzt noch bin.

 

Nach einer gemeinsamen Pause und einigen Leckereien begann die zweite Etappe des Jagdtages und wir gingen in den zuvor erwähnten gemulchten Teil des Reviers. Die Baue in den kesselartigen Hängen waren perfekt zum Jagen für unerfahrene Falkner und Beizvögel. Es sprangen viele Kaninchen, jedoch blieben die meisten Jagdflüge erfolglos, aber teilweise sehr schön anzuschauen. Weshalb unsere Strecke am Ende des Tages auch mit Leichtigkeit vom Jagdpächter übertroffen wurde, der in der Ferne hörbar mit seiner Büchse ebenfalls auf Kanin jagte. Diese wurden ihm von uns auch dankend abgenommen und der Tagesstrecke „hinzugefügt“.

 

Dieses kleine Tal hatte ebenfalls bereits auf Berthold seinen ganz persönlichen Eindruck gemacht, denn er hatte dort in einem Bau schon einmal ein Frettchen für ganze 8 Tage verloren, bevor er es durch den Jagdpächter, der jeden Tag nach ihm und den „Fangreusen“ schaute, wieder zurück bekam. Auch dieses Mal blieb Berthold von der Angst, ein Frettchen zu verlieren, nicht ganz verschont. Dieses hatte sich mit viel List etwas Fleisch von einer Hand stibitzt und sich in einen Bau verkrochen, um seine Beute zu verspeisen.

 

Dass ein sattes Frettchen keinerlei Anstalten machen würde, diesen Bau wieder zu verlassen (zumindest für eine längere Zeit nicht), kann sich bestimmt jeder denken. Und in Gedanken an den tagelangen Verlust seines letzten Frettchens, erschuf Berthold schließlich eine Geheimwaffe: Die „Frettchen-Angel“.

 

Erinnernd an ein Federspiel, war dies ein Stück Hühnerflügel mit langen Federn, welches er an einer Schnur befestigt hatte und in die Röhre ließ. Das andere Ende der Schnur an einem Frettchen-Kasten befestigt, ging Berthold zu den anderen noch jagenden Falknern hin und Margarete, Andreas und ich behielten die Schnur im Auge. Tatsächlich, nach kurzer Zeit spannte sich diese und wir riefen Berthold erfreut mit den Worten „Es hat etwas angebissen!“ zu uns. Erleichtert konnte er sein daran hängendes Frettchen, das sich im Fleisch festgebissen hatte und nun nicht mehr los ließ, aus der Röhre herausziehen und es wieder sicher in der Transportbox verstauen. Wobei wir bei der Kunst wären.

 

Die Jagd wurde beendet, indem den nicht erfolgreichen Beizvögeln zum Schluss noch ein „fliegendes Kanin“ zugeworfen wurde und sich alle erschöpft und glücklich mit einem „Guten Rutsch“ voneinander verabschieden konnten. Für mich war es eine sehr schöne, anstrengende, lehrreiche und humorvolle Beizjagd, die ich jederzeit wiederholen würde.

 

Wenn ich Glück habe, gelangt dieser Bericht noch vor 24:00 Uhr am 31.12.2015 in Umlauf und ich kann hiermit allen guten Gewissens einen Guten Rutsch wünschen. Und wenn nicht, dann eben ein Frohes Neues 2016!

 

Viola Sode

Komturei Hessen

 

Mit dabei waren diesmal:

 

Falkner:

- Kerstin Baldschun mit Harris „Leo“

- Milena Wohlfahrt mit Harris „Hexe“ und Mutter Simone (Frettierer)

- Monika Klaus mit Harris „Pac-Man“ und Sohn Elias (Frettierer)

- Bernd Dietze mit Harris „Zoe“ und Sohn Paul (Frettierer)

- Berthold Geis mit Harris „Sunny“ und „Sally“

 

Jagdgehilfen:

Margarete und Andreas Heidler, Petra Eckrich, Viola Sode