„Frauen“-Beizjagd auf Kanin

06. November 2021

Bilder von:   Susanne Minneker, Stephanie Balk, Anja Kram, Berthold Geis, ODF Hessen

Ein zweifacher Erlebnisbericht von Margarete Heidler und Sandra Peruzzi: 

Zu der „Frauenbeizjagd“ des ODF Hessens trafen sich bei milden Temperaturen und im Laufe des Tages immer mehr zunehmendem Sonnenscheins 4 Harris-Hawk, 8 Frettchen, 15 Frauen und 1 Mann zu einem gemeinsamen Jagderlebnis auf Kanin.

 

So unterschiedlich wie die Vorkenntnisse der mehr oder weniger erfahrenen Falknerinnen und Interessierten, waren auch die der Beizvögel. Was das Gelände anging, waren wir vorgewarnt -  dachten wir. Es sollte eine noch nicht gemähte sehr große Wiese sein. Diese stellte sich allerdings als eine Fläche mit durchgehendem, mindestens kniehohem dichtem Brombeerbewuchs heraus! Das tat unserem Jagdeifer aber keinen Abbruch. Eingewiesen durch unseren Jagdleiter Berthold Geis, stellten wir die Taktik um und frettierten nur einzelne, halbwegs zugängliche Baue und versuchten ansonsten mit einer Streife Kanin hochzumachen. Das erwies sich als absolut richtig. Schon bei der Aufstellung der ersten Streife sprang ein Kanin und Rebecca Ohnesorge lies „Mary“ frei, die so beim ersten Flug an diesem Tag zum Erfolg kam. „Falknersheil“!

 

Es zeigte sich schnell, dass nicht nur wir Schwierigkeiten hatten, in diesem Geläuf vorwärts und nicht zu Fall zu kommen - was durchaus passierte. Glücklicherweise kamen weder Falkner noch Vögel zu schaden. Auch die Kanin hatten mit diesen Widrigkeiten zu kämpfen. Dieser Nachteil im Vergleich zu offenem Gelände wurde dadurch ausgeglichen, dass die Vögel immer wieder zwar gute Flüge hatten, aber die Kanin dann unter der Brombeerdecke nicht fassen konnten, weil sie „oben drauf“ im Gestrüpp hängen blieben. So war die Chancengleichheit wieder hergestellt.

 

Dennoch gab es immer wieder Gelegenheit, die Harris fliegen zu lassen, auch wenn sie sich dann enttäuscht, weil sie die Kanin nicht fassen konnten, in die Bäume am Rand des Geländes stellten. Dass sich die 3 Vögel von Berthold gut kennen und auch mit Rebeccas Vogel vertraut sind, erwies sich als Vorteil, damit sie gemeinsam frei gemacht werden konnten, absichtlich oder auch „versehentlich“.

 

Das Highlight des Tages erlebten wir, nach einem fast erfolgreichen Flug von „Sally“, die das Kanin unter dem Brombeergestrüpp nicht greifen konnte. Nach kurzem Warten auf den weiteren Fluchtversuch der Beute kam es zum Erfolg. Das Kanin sprang unter den Brombeeren hervor, konnte so schnell keinen rettenden Bau erreichen und Jungfalknerin Ayla Uhrig lies geistesgegenwärtig „Kira“, einen Jungvogel fliegen, und so konnten diese beide heute gemeinsam ihren jeweils ersten Jagderfolg feiern! Falknersheil! an Ayla, „Kira“ wurde natürlich an ihrem ersten erbeuteten Kanin aufgeatzt und hatte dann für heute Feierabend.

 

Nach einer gemütlichen Mittagsrast, die wir dazu nutzten, untereinander und mit Berthold über die Falknerausbildung und seine falknerischen Erfahrungen zu diskutieren, nahmen wir uns den zweiten Teil des Geländes vor, der etwas leichteres Geläuf war. Trotz riesiger Baue und engagierter Arbeit unserer kleinen Jagdhelfer, wollte aber kein Kanin springen. 

 

Als wir schon fast diesen Tag beenden wollten, sprang doch noch eins und zum zweiten Mal kam „Mary“ mit einem kurzen, gezielten Flug zum Erfolg und durfte wohlverdient nach Herzenslust auf diesem Kanin kröpfen.

 

Unterm Strich war es ein Beizjagdtag, der sowohl den erfahrenen Falknerinnen Freude und Erfolg beschert hat, aber sicher auch die Jungfalknerinnen und die „Noch-nicht-Falknerinnen“, die sich einen ersten Eindruck verschaffen wollten, begeistert hat. Dass das möglich war, ist Berthold zu verdanken, der seine wunderbaren Vögel ohne Bedenken auch völlig Unerfahrenen anvertraut. Nur so kann man Menschen für diese tolle Art der Beizjagd und die Zusammenarbeit mit den Vögeln gewinnen. Einen Vogel vielleicht auch nur eine Weile zu tragen, ohne fliegen lassen zu können oder gar Erfolg zu haben, motiviert, sich mit der Falknerei zu befassen. Aber auch das Frettieren gibt einem das Gefühl dazuzugehören und Teil dieses Jagdteams aus Falknerin, Vogel und Frettchen zu sein.

 

Und noch eines hat ganz wesentlich zum Gelingen dieses Tages beigetragen: die gute Stimmung, die gegenseitige Hilfsbereitschaft, das problemlose Wechseln der Aufgaben, so dass Jede aus diesem Tag etwas für sich mitnehmen konnte.

 

Danke Berthold, dass Du immer wieder bereit bist, Dich auch mit interessierten, aber ungeschickten Anfängerinnen abzugeben, ohne Vorbehalte Deine Vögel jeder anvertraust und Dir die Zeit für uns nimmst. Und Euch Mädels dafür, dass das Miteinander so gut klappt, auch wenn wir uns untereinander zum Teil noch gar nicht oder kaum kennen. Das gemeinsame Interesse an der Falknerei verbindet im ODF Hessen und dieser Tag war sicher der Beginn einer wunderbaren Falknerkameradschaft.   

 

Margarete Heidler


Erste Beizjagd für mich (Sandra Peruzzi) im ODF Hessen

 

Was hat es damit auf sich, wenn sich 15 Frauen mit vier Harris Hawks und dem Vorsitzenden der Komturei Hessen durch dichten Brombeerbewuchs schlagen? Es ist die zweite Beizjagd nur für Frauen in diesem Jahr, die im November 2021 bei kaltem, aber sonnigem „Kaiserwetter“ stattfand - und für mich war es als ODF-Hessen Neumitglied zudem die erste Beizjagdteilnahme überhaupt. Gerade noch in der Jungjägerausbildung mit Ausblick auf die darauffolgende Falknerprüfung im nächsten Jahr, war die Frauenbeizjagd für mich eine gute Gelegenheit um Erfahrungen zu sammeln, die mir von Berthold Geis dankenswerter Weise angeboten wurde. Nach einer Begrüßung durch Berthold mit der organisatorischen Aufforderung an die Frauengruppe, sowohl das Springen von Kanin als auch das Entdecken von Bauzugängen laut und deutlich anzuzeigen, ging es auch direkt los.

 

Und wie und etwas überraschend - für das gut überschaubare Gelände und die Anzahl der Beteiligten machte eine breit aufgestellte Streife Sinn. Gesagt, getan - wir zogen los und waren gerade noch dabei, uns mit entsprechenden Abständen in eine Reihe zu verteilen als bereits der erste „KANIIIIN“-Ruf erschallte. Rebecca Ohnsorges Beizvogel „Mary“ war als erster frei und konnte das Kanin auch direkt schlagen. Das war ein toller Einstieg – leider verlief der Rest des ersten Teils unserer Jagd dann etwas zäher. Dies lag vor allem daran, dass das Gelände mehr oder weniger flächendeckend mit dichtem Brombeerbewuchs bedeckt war, was eine Herausforderung für Stiefel und Hosen, aber auch für die Kanin und die beteiligten Greifvögel darstellte. 

 

Noch drei bis viermal erklang der Ruf „Kanin“, doch konnten die Vögel auch aufgrund des Bodenbewuchses nicht zu diesen durchdringen oder zugreifen. Selbst für die Kanin war es schwierig sich durch das Dickicht fortzubewegen, trotzdem bot ihnen die Deckung wehrhaften Schutz gegen die Beizvögel. Obwohl immer wieder in einige Baueingänge Frettchen hineingeschickt wurden, gab es zunächst keine Jagderfolge mehr. Kurz vor der Mittagspause, wir waren schon am letzten Feldstück, das es abzugehen galt, gab es noch einen Überraschungserfolg. Dies galt sowohl für den beteiligten Harris-Hawk Jungvogel als auch für Jungfalknerin Ayla Uhrig, die beide erstmals einen Beizerfolg für sich verbuchen konnten! Strategisch gut vorbereitet durch die erfahrene Falknerin Milena Wohlfahrt wurde ein Frettchen in einen Bau gesetzt und Ayla mit Bertholds Vogel perfekt positioniert, so das ein junges Kaninchen schnell geschlagen werden konnte. Ayla und der Beizvogel waren sehr stolz und glücklich und die nun offiziell benannte „Kira“ durfte sich auf ihrer ersten geschlagenen Beute überhaupt einen vollen Kropf können.

 

Nach gut zwei Stunden war dann erst einmal Mittagspause angesagt. Ein gemütliches Beisamensitzen mit spannenden Gesprächen und Erzählungen sowie vielen mitgebrachten Leckereien entlohnte alle Beteiligten ein wenig, bevor es in die zweite Runde der Beizjagd ging. Diesmal wurde das L-förmige Feld von der linken Seite aus angegangen und tatsächlich konnte „Mary“ ein zweites Mal erfolgreich ein Kanin beizen. Ich war beeindruckt von der Art, wie „Mary“ gejagt hatte, denn es startete nämlich vorher auch Harris-Hawk „Harry“, der aber über das Kanin hinweg strich. „Mary“ nutzte aus der Flanke heraus dann ihre Chance und schlug das Kanin. Sehr effizient und ökonomisch in der Krafteinteilung! Das Abfangen gestaltete sich aber leider etwas schwieriger, weil „Mary“ das Kanin am Kopf im festen Zugriff hatte und mit ihrem rechten Fang das Jagdmesser von Rebecca geschickt abwehrte. Schließlich konnte Rebecca das Kanin aber abfangen und später versorgen. 

 

Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören und so beendeten wir die Jagd – nicht ohne einen „Kalten Flügel“- Kräuterlikör für u.a. Berthold und Ayla, mit dem man auf den erfolgreichen ersten Beizjagderfolg anstieß. Den Kräuterlikör gab es vor 12 Jahren auf der Bundestagung des Orden Deutscher Falkoniere in Horstmar, zum damaligen 50jährigen Bestehen des ODF. Nur bei und für  „ganz besonderen Anlässe“ wird der gute Tropfen dann „zur Anwendung“ gebracht. 

 

Es war am Ende auch allen wichtig, sich bei Berthold für die super Organisation und Durchführung zu bedanken – das war sicher nicht wenig Arbeit und Aufwand, die Teilnahme zu ermöglichen! Alles in allem für die Beteiligten ein gelungener Tag und für mich persönlich ein toller Einstieg in die Welt der Beizjagd. Mit einer Reihe von ebenso tollen Frauen, die mich sehr offen und freundlich in die Gruppe aufgenommen haben. Vielen Dank dafür! Es ist schon ein großer Unterschied, ob man die Beizjagd im Fernsehen oder im Internet anschaut oder ob man „live“ dabei ist. Viele Fragen, die sich mir vorher gestellt hatten - auch hinsichtlich der Frage, ob es mir was ausmachen würde, direkt dabei zuzuschauen wie ein Kanin geschlagen bzw. abgefangen wird, haben sich für mich geklärt. 

 

Eines ist mir vor allem, neben dem harmonischen Zusammentreffen der vielen Frauen, die mit unterschiedlicher Erfahrung an dieser Beizjagd teilgenommen haben, aufgefallen und verdient daher für mich zum Schluss meines Berichts der besonderen Erwähnung: Es ist sicher nicht selbstverständlich, dass ein Falkner seine Beizvögel so großzügig anderen Personen zum Jagen überlässt - dafür gebührt Berthold gehöriger Respekt und Dank. Denn das zeigt doch, wie wichtig ihm die Vermittlung und damit Weitergabe der Beizjagdtradition ist.

 

Sandra Peruzzi