Heute am 1. Dezember 2018 stand für mich persönlich eine ganz besondere Beizjagd an. Ich war von Uli und Edith Voell eingeladen worden, an Ihrer Adlerbeize auf Rehwild im Spessart teilzunehmen. Nachdem Berthold Geis den Kontakt für mich hergestellt hatte, bestand für mich keine Sekunde ein Zweifel daran, dass ich dieses Erlebnis zur Steigerung meines Wissens und Könnens mitnehmen möchte.
Schon bei meiner Anreise über die vom Nebel bedeckten Waldstraßen des Spessarts überkam mich einfach dieses Gefühl vom Glücklichsein. Ich meine, wozu nehmen wir schließlich alle behördlichen Prüfungen und Vorgaben auf uns, wenn nicht genau hierfür? Was treibt uns als Falkner an und lässt uns unserer Passion folgen, wenn nicht genau das? Ein kühler Dezembermorgen, eine dichte Nebeldecke, die hier und da von den Sonnenstrahlen durchbrochen wird und ein Steinadler, der in aller Jagdbereitschaft auf seinen großen Auftritt wartet. Für genau diese Momente lebt die Falknerei doch schließlich.
Am Treffpunkt angekommen, besprachen wir zunächst unser Vorgehen während der Beize sehr genau mit dem hiesigen Jagdpächter, der uns zudem in seinem Haus am Revierrand ein kleines Frühstück mit Kaffee bereitete. Nach unserer Besprechung ging es also zu sechst ins Revier.
Ich hatte hierbei eine wirklich schöne Aufgabe, denn ich durfte Uli und seinen Steinadlerterzel „Fuchs“ auf Schritt und Tritt verfolgen. Wir wurden von unseren Begleitern mit dem Auto immer an erhöhten Positionen ausgesetzt, von denen aus wir die gesamten Deckungen überblicken konnten. Während unsere „Treiber“ weiterfuhren, um uns das Wild dann zu Fuß zu zutreiben, brachte Uli seinen Adler über den Tälern, in geeigneten Bäumen in Stellung. Es war ihm sehr wichtig, dass ich seinen Adler stets mit den Augen verfolgte, während er in der freien Folge von Ansitz zu Ansitz wechselte, damit immer eine optische Verbindung zwischen Fuchs und uns bestand.
Etwas Vergleichbares hatte ich bisher noch nicht erlebt. Zu beobachten, wie Fuchs von Baum zu Baum flog und dabei stets die Treiber in den Tälern überwachte, die ihm das Wild zutreiben sollten, hatte etwas Unwirkliches und zugleich Majestätisches. Und auch wenn wir an diesem Tag keinen Anblick hatten, hat mich diese Art der Beize in ihren Bann gezogen.
Mit Uli habe ich mich super verstanden und ich kann diesem Mann nur meine größte Bewunderung aussprechen. Zum Einen für sein Wissen und sein Können im Umgang mit Adlern, zum Anderen aber auch dafür, dass er trotz aller Strapazen und Einschränkungen, mit Herzblut an der Adlerbeize und der Falknerei hängt und immer noch seinen Traum vom Beizen verfolgt. In den Gesprächen mit ihm sagte er mir, dass er heute noch diese kindliche Begeisterung für das alles spüre. Dass ein solcher Tag im Revier mit seinen Jagdfreunden und seinem Adler, gleich ob man Beute macht oder nicht, immer noch ein Teil Lebensfreude für ihn sei und dass es ihn einfach glücklich mache, diese Passion noch verfolgen zu können.
Vor allem gab er mir zu Beginn der Beize einen wichtigen Rat mit. Er sagte zu mir: „Die Indianer sagen ihren Buben, sei still, hör zu, beobachte.“ Und das taten wir. Wir beobachteten einfach das gesamte Jagdgeschehen sprichwörtlich aus der Vogelperspektive.
Die einzigen Geräusche kamen von Fuchs’ Bells, die erklungen, wenn er von Baum zu Baum flog, oder die Rufe der Treiber, die versuchten Wild „hochzumachen“. Ansonsten waren wir in unserer Position vollkommen abgeschottet und zumindest ich konnte für mich selbst einmal wieder dieses Gefühl von einem anderen Leben wahrnehmen. Einmal mit dem Kopf und den Gedanken weg vom Alltag, ob in der Schule auf der Arbeit oder wo auch immer. Einmal einfach nur zuschauen. Und war nicht dies die Intuition der Falknerei? Einen abgetragenen Greifvogel dabei zu beobachten, wie er gleich einem Wildvogel seiner Beute nachstellt? Ich für meinen Teil konnte an diesem Tag mit Uli einmal mehr die Frage für mich selbst beantworten, weshalb genau die Falknerei einen großen Teil meines Lebens eingenommen hat und wieso ich alles auf meinem bisherigen Weg so und nicht anders auf mich genommen habe.
Auch dass mir Edith und Uli angeboten haben, an kommende Adlerbeizen teilzunehmen und mir auch den Umgang mit Adlern zu „lehren“, wenn es von meiner Seite aus Fragen und Interesse gibt, ist ein großzügiges Angebot, dass ich in den kommenden Monaten und Jahren sicher noch ein paar Mal aufgreifen werde.
Ansonsten bleibt mir nur noch, mich zunächst bei Berthold für die Kontaktaufnahme und anschließend bei Edith und Uli, sowie unserem Revierpächter und allen „Treibern“ für diese wunderschöne Erlebnis zu bedanken.
Ich hoffe, ich konnte jedem meine persönlichen Erfahrungen von meiner ersten Adlerbeize näherbringen und empfehle jedem Interessierten, sich diese wirklich besondere Art der Beize einmal „live“ anzuschauen und die Eindrücke einmal auf sich wirken zu lassen. Es geht schließlich nicht immer darum, möglichst viel Beute zu machen oder spektakuläre Jagdflüge zu erleben, sondern manchmal einfach auch das Wesen der Falknerei an sich zu verstehen und zu realisieren, warum wir das alles machen.
An dieser Stelle, jedem von euch da draußen frohes Falknersheil für die Zukunft.
Steven Aßmann
ODF – Komturei Hessen