Beizjäger brauchen die Unterstützung der Hegegemeinschaften!

21. November 2010

Ein Brief des ODF Hessen an die hessischen Hegegemeinschaften:

 

Die Jagd mit dem Falken ist seit alters her schon sehr lange vor der Erfindung der Feuerwaffen eine Jagdart, die die Menschen in besonderem Maße interessiert und fasziniert. Bereits vor mehr als 3000 Jahren wurde vermutlich in den Steppengebieten Zentralasiens mit Greifvögeln gebeizt, wie der Falkner die Jagd mit Greifvögeln nennt. Die Motivation der frühen Falkner war der Beuteerwerb, der in den weiten Steppengebieten mit den Möglichkeiten, die dem Menschen zur damaligen Zeit zur Verfügung standen, nur sehr schwer möglich war. Der Jäger war schon damals daran interessiert, seinen Speiseplan und den seiner Sippe um das tierische Eiweiß zu bereichern. Dies war mit den damaligen Jagdmethoden und in Ermangelung von Feuerwaffen jedoch nur in sehr beschränktem Umfange möglich.

 

Das Wild nahm in den weiten Steppengebieten Asiens den herannahenden Beutegreifer Mensch bereits auf weite Distanzen wahr und stellte sein Fluchtverhalten darauf ein. Der ersehnte Kaninchenbraten verschwand am Horizont und die im Kochtopf gewünschte Taube im Himmelsblau. Die menschliche Intelligenz machte es möglich, dem Fluchtverhalten der Beute das schnelle und gewandte Jagdverhalten der Greifvögel entgegenzusetzen. Der Jäger machte die Greife zu seinen Jagdverbündeten. Daran und an einer Vielzahl von Greifvogelhaltungs- und Greifvogeljagdtechniken hat sich bis zum heutigen Tage nichts oder nur ganz wenig geändert. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass die Greifvögel nicht domestizierbar sind. Wir jagen auch heute noch mit Greifen, die zwar in menschlicher Obhut gezüchtet werden, die aber anders als beispielsweise unsere Jagdhunde sich dem Jäger nicht unterordnen. Ein Greifvogel wird durch den täglichen Kontakt mit seinem Falkner allenfalls „locke“, wie die Vertrautheit eines abgetragenen Beizvogels in der Falknersprache genannt wird. Der Beizvogel wird jedoch nicht zahm. Er ist zu jeder Zeit in der Lage, ohne „seinen Falkner“ in der freien Natur zu überleben. Gerade diese Eigenschaft ist die Voraussetzung dafür, um mit dem Greifvogel beizen zu können. Die Jahrtausende alte Kunst und Technik des Falkners besteht darin, den Beizvogel so zu konditionieren und zu motivieren, dass dieser bereit ist, Beute zu schlagen.

 

Auch heute noch gibt es engagierte Jäger, die sich der Falknerei verschrieben haben. Falknerei ist ein 365-Tage-Engagement. Der Beizvogel kennt weder Sonn- noch Feiertage. Er braucht die Versorgung durch seinen Falkner in und außerhalb der Beizzeit. Er ist weder Sportgerät, das bei Bedarf aus der Voliere genommen wird, noch Jagdwaffe, die nur zur Jagdausübung im Revier zur Anwendung kommt. Der Beizvogel ist ein Jagdgehilfe, der neben dem Jagdhund und in ähnlicher Weise wie dieser der menschlichen Fürsorge bedarf. Der grundlegende Unterschied zum Jagdhund besteht darin, dass der Beizvogel weder durch einen treuen Blick noch durch ein freudiges Wedeln mit der Rute seinem Führer Zuneigung zuteil werden lässt. Allein die Jagd mit dem Vogel, dessen Beutemachen und die begeisterungswürdige Freude an den rasanten Jagdflügen sind der Lohn des Beizjägers. Sie sind zugleich der Ansporn, Beizvögel zu halten, sie zu trainieren und mit ihnen zu jagen.

 

In der jüngsten Vergangenheit haben sich durch die starke Zunahme der Rabenkrähen und der Elstern für den Falkner Möglichkeiten eröffnet, mit dem Falkenweib (= der Falke) auf Krähen und mit dem um ca. ein Drittel (= Terz) schwächeren Falkenterzel auf Elstern zu jagen. Insbesondere hat sich ein gewisser Druck seitens der Landwirtschaft auf die Beständer aufgebaut, weil die Krähen die Silageballen und die Abdeckungen der Fahrsilo stark beschädigen. Eine Abhilfe durch Bejagung mit dem Falken ist nur dann möglich, wenn der Beständer einem Falkner die Beizjagd gestattet.

 

In Hessen sind zwei der bundesweit tätigen Falknerorganisationen, der Deutsche Falkenorden (DFO) und Orden Deutscher Falconiere (ODF), darum bemüht, die Beizjagd aufrechtzuerhalten. Insbesondere die Jagd auf Krähen, deren Jagdzeit bei uns in Hessen vom 01. August bis zum 20. Februar andauert, stellt für die Beizjäger mit dem Wanderfalken eine ganz besonders reizvolle Jagdart dar. Krähen sind gewandte Flieger. Sie sind ohne weiteres in der Lage, dem angreifenden Falken durch geschickte Flugmanöver auszuweichen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass von dem Falken als Beuteopportunisten häufig kranke, behinderte oder nervenschwache Krähen aus einem Schwarm angejagt und erbeutet werden. Der Falke erreicht bei dem sogenannten Steilstoß auf die von ihm anvisierte Beute Geschwindigkeiten von mehr als 300 Stundenkilometern. Mit dem Schlagen der Beute in der Luft und deren Binden am Boden ist die Jagd des Falken jedoch noch nicht zu Ende. Die gebundene Krähe wird mit Hilfe ihres mächtigen Schnabels und ihrer kräftigen Klauen alles daran setzen, sich dem Falken wieder zu entziehen. Sie erhält dabei häufig Hilfe von ihren Schwarmgenossen, die mit Anflugattacken auf den Falken, der ihren Kumpan gefangen hat, niederstoßen und mit Schnabelhieben auf ihn einschlagen. In diesen Fällen sollte es dem Falken schnellsten gelingen, die gebundene Krähe durch Genickbiss abzunicken. Hilfe darf er nur von seinem hinzueilenden Falkner erwarten, der einerseits die auf den Falken hassenden Schwarmkrähen vertreibt und andererseits beim Abnicken hilft.

 

Ich hoffe, den geneigten Leser mit den vorstehenden Ausführungen auf die Beizjagd neugierig gemacht zu haben. Das in vielen anderen jagdlichen Dingen auf das Beste bewährte Reviersystem stellt für die Krähenbeize erhebliche Schwierigkeiten dar. Weder die Krähen noch der Falke kennen die von Menschen gemachten Reviergrenzen. Die Jagd im hohen Luftraum geht oft über weite Strecken und damit über die Grenzen eines Jagdrevier hinaus. Aus diesem Grunde wende ich mich mit diesem Beitrag an die Hegegemeinschaften, um dort für die Beizjagd zu werben. Nur wenn viele Reviere oder bestenfalls mehrere Hegegemeinschaften den Falknern Jagdmöglichkeiten auf Krähen in den Revieren geben, ist die Krähenbeize im Rahmen der jagdrechtlichen Vorschriften möglich. Unabhängig von der Faszination der Beizjagd sollte jeder Revierinhaber ein Interesse daran haben, dass die mit der Feuerwaffe nur unter schwersten Bedingungen und auch dann nur wenig effizient zu bejagenden Krähen und Elstern mit den Falken und gegebenenfalls auch mit dem Beizhabicht bejagt werden.

 

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass es von dem Falkner tunlichst vermieden wird, dass der auf Krähen abgetragene Beizvogel an anderes Federwild gerät. Sollte der Beuteopportunist Falke die Erfahrung machen, dass anderes Federwild als Krähen nicht nur leichter zu fangen ist, nicht wehrhaft ist und auch noch besser schmeckt als die schwarzen Luftakrobaten, wird er nicht mehr an dieselben zu bringen sein. Allein aus diesen Gründen hat der Krähenfalkner ein ureigenes Interesse daran, seinen Krähenfalken nur an Krähen und nicht an anderem Federwild zu jagen.

 

Bei der Falknerei ist es wie bei Jagd: Nur wenn mehrere zusammenwirken stellen sich Jagderfolge ein, wird Beute gemacht, kommt Freude auf!

 

Gerne stellen wir Verbindungen zwischen Ihnen und Falknern in Ihrer Wohnortnähe her. Wir freuen uns darauf, mit Ihnen in Kontakt zu treten. Der nächste Schritt liegt bei Ihnen.

 

Für Ihr Interesse an der Beizjagd und Ihre Bereitschaft, den Falknern in Ihren Revieren und in den Hegegemeinschaften Jagdmöglichkeiten auf Krähen und auf Elstern zu geben, bedanke ich mich schon jetzt ganz besonders.

 

Dieter Hübner