Kamingespräche: Waldkauz-Sicherung

30. Dezember 2017

 

Am 30. Dezember erreichte mich Berthold Geis, Komtur des ODF-Hessen telefonisch beim Frühstück. „Bist Du zuhause und kannst Du Dich bei Dir in der Nähe um einen Kauz im Kamin kümmern?“ Das traf mich – so wie es Berthold wohl häufiger geht – vollkommen unerwartet. Schließlich hatte ich noch einige Stunden im Home-Office für meinen Arbeitgeber vor mir und den Nachmittag mit den Einkaufsvorbereitungen für Silvester. Ich sagte zu, wohl wissend, dass da so Einiges auf einen zukommen kann. Berthold gab mir die Telefonnummer und Adresse mit der Auflage, mich dort umgehend abzusprechen.

 

Der aufgeregte Hausbesitzer vermeldete, dass der Kauz in der Nacht in den Kamin geplumpst sei und viel Lärm gemacht hätte. Ich möchte umgehend kommen und ihn retten, da er erschöpft sei. „Wir hatten schon einmal nach einem Urlaub einen toten Kauz im Kamin. Das darf nicht wieder passieren.“ Dieser Meinung schloss ich mich an. Bei weiterem Hinterfragen fand ich heraus, dass der Kauz im Kamin hinter der Glasscheibe mittlerweile ruhte und die Lüftung bereits offen war und für frische Luft sorgte. Ich beruhigte den Mann und erklärte ihm, dass ich den Kauz auch vorerst nur in einem Karton zur Beruhigung halten würde. Der aktuelle Platz war ruhig, der Raum warm und belüftet. Also vereinbarten wir den Mittag für mein Kommen. Jetzt ging es an die Vorbereitungen. Gerade hatte ich noch in etlichen Kartons von Weihnachten geschwelgt und jetzt plötzlich musste einer her, der nicht mehr da war… Ich plünderte im Keller die Weinlieferung und bereitete den stabilen Karton mit Luftschlitzen und Zeitung vor, nahm Küchenrolle und eine Sprühflasche für die Gefieder-Säuberung, legte ein Handtuch zum Halten und Aufnehmen des Vogels dazu und packte ein flaches Gefäß als Badebrente mit ein. 

Zum vereinbarten Zeitpunkt war ich vor Ort. Eine große moderne Villa am Berg mit Ausblick auf die Wälder und Hügel des Taunus' erwartete mich. Ich wurde freundlich empfangen und stand in einem scheinbar grenzenlos großen und hohen Raum. Der Kamin modern, ca. 1,5 m breit und mit Glasscheibe davor, stand in Nähe der raumhohen Fensterfront. Ja, seine Frau hätte heute Nacht erst an Einbrecher gedacht. Sein kleiner Sohn war begeistert, einen Waldkauz aus nächster Nähe zu sehen. Er leuchtete mit einer Taschenlampe in das spiegelnde Glas des Kamins und siehe da, dort ruhte an der Glaswand ein Waldkauz. Unser Anrufer wünschte sich Fachleute wie uns Falkner, die das Tier einfangen sollten. Sollte der Kauz unkontrolliert dem Kamin entweichen, würden nicht nur die teure Einrichtung und die weißen Wände leiden, die deckenhohe Fensterwand war auch eine ernsthafte Gefahr für den Kauz.

In Ruhe besprachen wir vor dem Kamin das Vorgehen mit Karton und Handtuch, das Heben der Glaswand und das zeitgleiche Führen des Vogels in den Karton. Der Kauz war etwas aufgeregt. Er schien unverletzt, während ich ihn in den liegenden Karton bugsierte. Ruhig und schnell bekamen wir dies in kürzester Zeit gemeinsam hin. Das Handtuch deckte den Karton mit Kauz ab. Draußen auf der Terrasse suchten wir einen guten Platz in der Nähe von Bäumen, um den Kauz weiter zu inspizieren und seinen Gesundheitszustand zu prüfen. Ein kurzer Blick in den Karton, ein Prunkstück von Waldkauz, Vogel des Jahres 2017, sauber, bis auf etwas staubige Asche. So konnte er wieder in die Freiheit entlassen werden, er erhob sich blitzschnell mit starkem Flügelschlag in die Höhe und verschwand in die Tannen und Eiben am Haus.


Der Hausbesitzer berichtete, dass er den Kaminbauer bereits am Morgen informiert hätte. Anfang Januar würde der Kamin eine Sicherung erhalten, damit der Kamin nicht zur Falle weiterer Vögel wird. Alles war gut! Nach nur einer Viertelstunde verabschiedete ich mich mit guten Wünschen für das Neue Jahr. 

 

Immer wieder wenden sich Menschen an die Falkner, in der Hoffnung verunfallte Greifvögel und Eulen schnell von Ihrem Leid zu befreien. Das machen wir gerne, aber auch hier gilt „Vorbeugen ist besser als Heilen“. Häufig fängt der Schutz unserer Greifvögel und Eulen bereits am eigenen Haus an. Zur Verhinderung von Kaminunfällen, die recht häufig sind, reicht ein einfaches Gitter auf dem Kamin. Auch die Schaffung von Ersatzhöhlen hilft verlorengegangene Schlupflöcher für Eulen zu ersetzen.  Es sind häufig die einfachen Dinge, die jeder Einzelne am Haus leisten kann, um seine tierischen Nachbarn vor unnötigen Unfällen zu bewahren oder neuen Lebensraum zu schenken.

 

Auf gute Nachbarschaft und ein gutes Neues Jahr 2018!

 

Susanne Minneker